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Preisdifferenzierung


Unter der Preisdifferenzierung (engl. Price discrimination) oder auch Preisdiskriminierung versteht man das Anbieten eines Gutes zu verschiedenen Preisen, obwohl die Kosten für das Unternehmen gleich sind. Primäres Ziel der Preisdifferenzierung auf Seiten der Unternehmen ist die Abschöpfung der unterschiedlichen Konsumentenrenten, also das möglichst perfekte Ausnutzen der verschiedenen Zahlungsbereitschaften der Nachfrager. Ein weiteres Ziel kann die Unterstützung von bestimmten sozialer Gruppen sein, beispielsweise Schüler, Studenten, Arbeitslose oder Rentner. Grundlage einer Preisdifferenzierung sollte deshalb immer eine Marktsegmentierung sein.

Grundsätzlich lässt sich die Preisdifferenzierung nach dem englischen Ökonom Arthur Cecil Pigou (1929) in die folgenden drei Arten unterteilen: Die verschiedenen Arten der Preisdifferenzierung werden nachfolgend vorgestellt. Anschließend folgt noch einmal eine Zusammenfassung der Anwendungsvoraussetzungen für Preisdifferenzierung und den Zielen.

Preisdifferenzierung 1. Grades: Personalisierte Preise

Die Preisdifferenzierung 1. Grades wird auch perfekte Preisdifferenzierung genannt, da man hier jedem Kunden das Gut zum persönlichen Reservationspreis anbietet. Jeder Kunde gibt also den maximalen Preis für das Gut aus, den er bereit ist zu zahlen. Dieser Reservationspreis ist beispielsweise abhängig vom Einkommen oder von den eigenen Präferenzen.

Früher war es beispielsweise bei Landärzten im 18. Jahrhundert gängige Praxis, dass die Höhe des Honorars sich an die Zahlungsfähigkeit der Patienten richtete.

Damit sich aber die Preisdifferenzierung 1. Grades durchsetzen lässt, müssen einige Voraussetzungen zutreffen. Dazu zählt beispielsweise:
  • Die individuelle Zahlungsbereitschaft des Nachfragers muss irgendwie ermittelt werden bzw. bekannt sein
  • personifizierte Preise müssen durchsetzbar sein, insbesondere sollten die Kunden nicht verärgert sein, wenn sie mitbekommen was andere Kunden gezahlt haben
  • die Güter dürfen nicht weiterverkauft werden, um Arbitrage zu verhindern
Auf dem Flohmarkt oder Basar findet man heutzutage noch sehr häufig eine Preisdifferenzierung 1. Grades vor, wenn keine Preise vorgegeben sonder individuell ausgehandelt werden. Auch über Auktionen lässt sich eine Preisdifferenzierung 1. Grades umsetzen.

Preisdifferenzierung 2. Grades: Selbstselektion

Bei der Preisdifferenzierung 2. Grades wird das Produkt in verschiedenen Ausführungen angeboten und der Kunde entscheidet selbst, zu welchem Angebot der greift ("Self-Selection"). Realisiert werden die verschiedenen Ausführungen des Produkts beispielsweise über die Preis-, Mengen- und/oder Produktgestaltung. Beispielsweise bietet man das gleiche Produkt in verschiedenen Farben an, wobei die beliebtere Farbe etwas teurer ist. Nach folgenden Kriterien ist eine Preisdifferenzierung 2. Grades denkbar:
  • Quantitative Preisdiffernzierung: Der Preis bestimmt sich an der gekauften Menge (auch mengenbezogenen Preisdifferenzierung genannt).
  • Qualitative Preisdifferenzierung: Der Preis bestimmt sich an der Qualität des angebotenen Guts, z.B. zusätzliches Angebot eines "Premiumgutes" (auch leistungsbezogenen Preisdifferenzierung genannt).
  • Zeitliche Preisdifferenzierung: Preis richtet sich nach dem Kaufzeitpunkt. Z.B. sind neue Produkte am Anfang oft teurer und fallen nach und nach im Preis, wer das Produkt gleich von Anfang an haben möchte, muss dementsprechend mehr zahlen als wer warten kann. (siehe hierzu auch Skimming-Strategie)
  • Räumliche Preisdifferenzierung: Der Preis hängt vom jeweiligen Ort ab, an dem man das Produkt kauft. Bestes Beispiel ist hierfür der Benzinpreis, der von Ort zu Ort um einige Cent schwanken kann (z.B. Abhängig von der Tankstelle ob diese in Autobahnnähe, auf dem Land oder Stadt oder an einer Landesgrenze ist).
  • Bundling: Bündelung von Angeboten zu Paketen, die zu einem Gesamtpreis zu erwerben sind, wobei Produkte neben diesen Bündel auch noch einzeln angeboten werden können (mixed-bundling). Das Bundling (Produktbündlung/Preisbündlung) ist eine Sonderform der Preisdifferenzierung.

Preisdifferenzierung 3. Grades: Segmentierung

Die Preisdifferenzierung 3. Grades ähnelt der Differenzierung 1. Grades, nur das hier nicht einzelne Personen angesprochen werden, sondern ganze Gruppen (man spricht auch von einer personenbezogenen Preisdifferenzierung). Dafür müssen aber erste einmal Gruppen identifiziert und gefunden werden. Hierfür stehen verschiedene Ansätze, wie beispielsweise die Clusteranalyse bereit. Eine einfache Einteilung ist beispielsweise nach dem Alter. So kommen Schüler, Studenten aber auch Rentner regelmäßig in den Genuss von vergünstigten Angeboten. Diese weisen im Vergleich mit erwachsenen Berufstätige ein niedrigeres Einkommen auf und bei einer jungen Zielgruppe kann man beispielsweise durch vergünstigte Theaterkarten diese schon für das Theater begeistern, in der Hoffnung, dass sie später dann im Erwachsenenalter weiterhin das Theater besuchen. Neben dem Alter, der Einkommenssituation oder auch dem beruflichen Stand, wäre auch das Geschlecht ein Kriterium bei der personenbezogenen Preisdifferenzierung (z.B. unterschiedliche Preise beim Friseur).

Eine Spezialform der personenbezogenen Preisdifferenzierung ist das Pay-What-You-Want Prinzip, bei dem jeder Kunde einen eigenen, beliebigen Preis zahlen kann.

Anwendungsvoraussetzungen für Preisdifferenzierung

So sinnvoll eine Preisdifferenzierung in den verschiedenen Fällen auch klingt, so ist sie dennoch nicht immer anwendbar. Homburg (S. 733, 2017) hat dazu folgende Anwendungsvoraussetzungen herausgearbeitet, die bei der Umsetzung der Preisdifferenzierung in der Unternehmenspraxis beachtet werden sollten:
  • Möglichkeit zur Kundensegmentierung: Es muss sichergestellt werden, dass die Segmente trennscharf voneinander abgegrenzt sind, bzw. sich so abgrenzen lassen.
  • Nichtübertragbarkeit der Produkte: Es sollte keine Möglichkeit von Arbitrage bestehen
  • Nur begrenzte Kommunikation zwischen Segmenten: Im besten Fall besteht keine, zumindestens sollte aber nur eine sehr eingeschränkte Kommunikation zwischen den einzelnen Segmenten bestehen
  • Preisdifferenzierung muss als fair wahrgenommen werden: Generell sollte die Differenzierung der Preise als fair wahrgenommen werden, dann müssten die Preisunterschiede auch nicht "künstlich versteckt werden". Ist dies nicht der Fall, verärgert man die Kunden und muss ggf. mit Kundenabwanderungen rechnen.
  • Verhältnismäßigkeit der Kosten: Eine Preisdifferenzierung ist nicht so einfach umsetzbar, sondern kann mit erheblichen Kosten verbunden sein. So können Kosten für die Marktforschung der Segmente, für eine komplexere Rechnungserstellung bei unterschiedlichen Preisen, für die Festlegung der Preise aber auch für die Kommunikation der unterschiedlichen Preisen entstehen, die im gesunden Verhältnis zu den zusätzlichen Einnahmen stehen müssen.

Ziele

Nach Simon/Fassnacht (S. 240) können die Ziele von Preisdifferenzierung in die drei Zielbereiche: Kundenziele, Wettbewerbsziele und Unternehmensziele eingeteilt werden. Simon und Fassnacht nennen dabei folgende Ziele je Bereich:

Kundenziele:
  • Bindung der Kunden
  • Kosten- und Zeitersparnis für Kunden
  • Mehr Wahlmöglichkeiten für Kunden
Wettbwerbsziele:
  • Besetzung von Nischen
  • Anpassung der Preisstruktur an die Wettbewerber
  • Reduktion der Preistransparenz
Unternehmensziele:
  • Gewinnsteigerung durch Abschöpfung der Konsumentenrente
  • Umsatzsteigerung durch Mehrabsatz
  • Erreichen von Skaleneffekte (Economies of Scale)

Quellen

  • https://de.wikipedia.org/wiki/Preisdifferenzierung
  • Diller, Hermann (2007) Preispolitik
  • Homburg, Christian (2017) Marketingmanagement: Strategie - Instrumente - Umsetzung - Unternehmensführung, 6. Aufl.
  • Simon, Hermann, Fassnacht (2016) Martin Preismanagement: Strategie - Analyse - Entscheidung - Umsetzung, 4. Aufl.


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