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Conjoint-Analyse


Die Conjoint-Analyse (auch Verbundmessung, Conjoint Measurement, Conjoint Analysis, multi-attribute compositional models, Trade-Off-Analyse) ist eine multivariate Methode und ein dekompositionellen Verfahren bei dem es um die Bestimmung des Anteils einer einzelnen Komponente (Variable) am Gesamtnutzen eines bestimmten Gutes geht. Die Datenbasis bilden bei der Conjoint-Analyse dementsprechend Gesamtnutzenurteile (Präferenzurteile) von befragten Personen.

Ursprünglich kommt die Conjoint-Analyse aus der Psychologie, findet inzwischen aber auch im Marketing rege Anwendung.


Vorgehensweise bei einer Conjoint-Analyse

Die Vorgehensweise bei einer Conjoint-Analyse kann man in sechs Schritte unterteilen (angelehnt an Backhaus u.a. (2011) S. 462). Diese sind:
  1. Festlegung der Merkmale und Merkmalsausprägungen
  2. Festlegung des Erhebungsdesigns
  3. Datenerhebung
  4. Schätzung der Nutzenwerte
  5. Überprüfung der Modellgüte
  6. Interpretation der Nutzenparameter

Schritt 1: Festlegung der Merkmale und Merkmalsausprägungen

Im ersten Schritt müssen erst einmal die Merkmale und ihre Merkmalsausprägungen festgelegt werden. Welche Merkmale das sind, dass kommt immer auf das Gut an, das mit Hilfe der Conjoint-Analyse betrachtet werden soll. Wichtige Merkmale können beispielsweise der Preis, das Material, die Farbe oder Qualitätsindikatoren sein. Generell sollten die Merkmale relevant für die Kaufentscheidung des Kunden und auch durch das Unternehmen beeinflussbar sein. Darüber hinaus sollten die Merkmale von einander unabhängig, aber es sollten keine Ausschlusskriterien sein. Um zu einem Ergebnis zu kommen, muss die Anzahl der Eigenschaften und deren Ausprägungen begrenzt sein.

Beispiel

Ein Auto lässt sich beispielsweise in die Merkmale: Marke, Preis, Farbe, Motorleistung, Ausstattung, Umweltfreundlichkeit usw. aufgliedern. Merkmalsausprägungen des Merkmals Farbe wären wiederum: Rot, Schwarz, Silber, Weiß.

Schritt 2: Festlegung des Erhebungsdesigns

Beim Erhebungsdesign kann man beispielsweise zwischen der Profilmethode und der Zwei-Faktor-Methode auswählen. Die Methoden unterscheiden sich dabei unter anderem in dem Aufbau ihrer Stimuli. Unter einem Stimulus versteht man die Kombination von Eigenschaftsausprägungen, die die Versuchsperson bewertet. Bei der Profilmethode besteht ein Stimulus aus der Kombination je einer Ausprägung aller Eigenschaften. Es werden also komplette Produktprofile miteinander verglichen. Bei der Zwei-Faktor-Methode besteht dagegen der Stimulus aus lediglich zwei Eigenschaften (Faktoren).

Neben der Definition der Stimuli kann beim Festlegen des Erhebungsdesigns auch nach der Zahl der Stimuli gegangen werden. Hier kann man sich dann entweder für ein vollständiges oder für ein reduziertes (symmetrisches/asymmetrisches) Design entscheiden.

Ein Beispiel für das Arbeiten mit einem reduziertes Design ist die sogenannte adaptive Conjoint Analyse. Diese wird computergestützt ausgeführt, da die Auswahl der Stimuli automatisch auf Basis der neu gewonnenen Informationen aus den Paarvergleichen davor ermittelt wird. Der Proband wird also niemals Produktkombinationen die sich aus allen Merkmalen zusammensetzen bewerten, sondern bekommt immer für ihn passende Kombinationen vorgesetzt. Die adaptive Conjoint Analyse hat also als Ziel die Reduktion der erforderlichen Anzahl an Paarvergleichen.

Schritt 3: Datenerhebung

Im dritten Schritt erfolgt nun die Erhebung der eigentlichen Daten. Dies kann beispielsweise durch Paarvergleiche oder durch Präferenzabfragen für einzelne Ausprägungen geschehen.

Schritt 4 : Schätzung der Nutzenwerte

Bei der Datenerhebung wurden die entsprechenden Daten ermittelt. Nun geht es im vierten Schritt darum, die metrische Gesamtnutzenwerte zu berechnen und daraus die relativen Wichtigkeiten der einzelnen Eigenschaften zu ermitteln.

Schritt 5: Überprüfung der Modellgüte

Im fünften Schritt untersucht man die Frage, inwieweit mit den ermittelten Nutzwerten Entscheidungen der Befragten vorausgesagt werden können. Für diese Prognosevalidierung greift man auf die sogenannten Holdout-Cards (Hold out Konzept) zurück. Auch die Holdout-Cards sind Stimuli und werden von dem Probanden bewertet, allerdings fließt diese Bewertung der Holdout-Cards nicht in die Schätzung der Teilnutzenwerte ein. Ein Maß für die Prognosevalidität der Teilnutzenwerte ist dann die Korrelation zwischen den empirischen Rangwerten der Holdout-Cards und ihren ermittelten Präferenzwerten.

Schritt 6: Interpretation der Nutzenparameter

Im Schritt 6 kommt es zu der Interpretation der Nutzenparameter. Generell kann eine Normierung der Nutzenparameter vorgenommen werden, z.B. die Umrechnung der Teilnutzenwerte in Geldeinheiten.

Zu guter Letzt können noch Marktsimulationen durchgespielt werden, bei denen beispielsweise Prognosen über das Auswahlverhalten getroffen werden oder die Veränderung des Gewinns bei Änderung des Angebots.

Conjoint Analyse Beispiel

Für das nachfolgende Beispiel einer Conjoint Analyse wurde folgende fiktive Teilnutzenwerte für die nachfolgenden Merkmalsausprägungen erhoben.




Für das Beispiel sollen folgende drei fiktive Auto-Modelle betrachtet werden:

Auto 1:
  • Marke: Opel
  • Farbe: Gelb
  • Preis: 45.000 Euro
  • Umweltfreundlichkeit: Hoch
Auto 2:
  • Marke: Audi
  • Farbe: Schwarz
  • Preis: 55.000 Euro
  • Umweltfreundlichkeit: Mittel
Auto 3:
  • Marke: Mercedes
  • Farbe: Rot
  • Preis: 60.000 Euro
  • Umweltfreundlichkeit: Niedrig
Als erstes wollen wir wissen, welches Auto den größten Nutzen stiftet. Dafür muss man lediglich die einzelnen Nutzenwerte je Ausprägung addieren, also für das Beispiel:
  • Auto 1: 1 + 3,1 + 1,2 + 1,6 = 6,9
  • Auto 2: 1,5 + 2,5 + 2,5 + 1,4 = 7,9
  • Auto 3: 1,8 + 2,1 + 2 + 1 = 6,9
Im Beispiel stiftet also Auto 2 den höchsten Nutzen.

Anschließend möchte man wissen, welchen Wert ein Nutzen von 1 entspricht. Dies kann man einfach über den Teilnutzen "Preis" berechnen. Dafür zieht man vom höchsten Preis den niedrigsten ab und teilt dies durch Nutzendifferenz, im Beispiel also: (60.000 Euro - 45.000 Euro) / (3,1-2,1) = 15.000 Euro

Nun möchte man auf Basis der Conjoint-Daten des Beispiels eine aggregierte Preis-Absatz-Funktion für das Auto 1 auf Basis der Berechnung des prognostizierten Martanteils für die Preispunkte 45.000 Euro, 55.000 Euro und 60.000 Euro vornehmen. Dafür muss man lediglich die Werte der nachfolgenden Tabelle berechnen:
Preis 45.000 € 55.000 € 60.000 €
Teilnutzenwert des Merkmal Preis 3,1 2,5 2,1
Summe der Teilnutzenwerte von Auto 1 ohne Preis 3,8 3,8 3,8
Gesamtnutzen bei Preis i 6,9 6,3 5,9
Summe der Gesamtnutzen über alle 3 Auto Profile 21,7 21,1 20,7
Marktanteil von Profil i 6,9/21,7 = 31,80% 6,3/21,1 = 29,86% 5,9/20,7 = 28,50%
Beispiel der Preis Absatz Funktion aus Conjoint Analyse Daten

Anwendungsgebiete der Conjoint-Analyse

Die Conjoint- Analyse wird häufig für die Produktgestaltung genutzt, allerdings gibt es noch viele weitere Anwendungsgebiete, die nachfolgend aufgezählt werden:
  • Produktgestaltung
  • Preispolitik
  • Markenbewertung
  • Marktsegmentierung
  • ...

Nachteile der Conjoint-Analyse

  • Fehlende Realitätsnähe durch die Erfassung der Konsumenten-Präferenzen mittels Ranking- oder Rating-Skalen
  • Es kann kein "Nicht-Kauf"/ "Nicht-Interesse" gewählt werden
  • Abbildung des Auswahlverhaltens erfordert ein separates Modell
Wegen diesen Nachteilen der klassischen Conjoint-Analyse wurde die sogenannte Choice Based Conjoint Analyse (CBC) entwickelt. Bei dieser müssen die Konsumenten zwischen sogenannten Choice-Sets entscheiden, wobei ein Choice-Set aus mehreren Stimuli und auch einer Nicht-Wahl-Option bestehen kann. Anschließend wird anhand der Auswahlentscheidung der Probanden die Nutzenparameter mit Hilfe der Maximum-Likelihood Methode geschätzt. Durch die Abbildung der Entscheidungssituation sind die Prognosen der CBC realitätsnäher. Aus den Ergebnissen der CBC lassen sich direkt Kaufwahrscheinlichkeiten bestimmen.

Quellen und Verweise:

  • Backhaus, Klaus/Erichson, Bernd/Plinke, Wulff/Weiber, Rolf (2011): Multivariate Analysemethoden - Eine anwendungsorientierte Einführung, 13. Aufl. Berlin
  • Homburg, Krohmer : Instrumente - Umsetzung - Unternehmensführung

Artikel zuletzt aktualisiert 17.02.2017