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Galoppierende Inflation

Bei einer Inflation steigen allgemein Preise stärker an als gewöhnlich und erreichen innerhalb eines längeren Zeitraums größere Ausmaße als in der regulären Ökonomie üblich. Verursacht wird eine Inflation in der Regel dadurch, dass eine zu hohe Diskrepanz von Handelsbedarf und der vorhandenen Menge monetärer Mittel auftritt. Hierbei unterscheidet man zwischen unterschiedlichen Phasen und Graden einer Inflation. Eine Inflation wird unterteilt in die Phasen des Steigens (akzelerierte Phase), Stagnierens oder Gleichbleibens der Inflation (stabilisierende Phase) und deren Abnahme (dezelerierte Phase). Während eine leichte Inflation unter 5 % Wertverlust unter Umständen positiv für die Wirtschaft sein kann, da die Nachfrage an Handelswaren und somit auch die Umsätze steigen, kann eine schwere Inflation dazu führen, dass die Währung eines Landes ihren Wert in starkem Ausmaß verliert und das wirtschaftliche Gleichgewicht aus den Fugen gerät. Besonders extreme Beispiele schwerer Inflationen sind die Hyperinflation und die galoppierende Inflation.

Was genau die Eigenschaften, Ursachen und Auswirkungen einer galoppierenden Inflation sind, möchten wir im weiteren Verlauf kurz zusammenfassen und einige Beispiele für Fälle von galoppierender Inflation in der Vergangenheit anführen.

Was ist die galoppierende Inflation?

Von einer galoppierenden Inflation spricht man, wenn das Preisniveau innerhalb eines gewissen Zeitraums konstant und sehr rapide mit einer hohen Inflationsrate ansteigt. Das Zahlungsmittel Geld verliert rapide an Wert, während das Preisniveau angebotener Waren als direkte Konsequenz in die Höhe schießt.

In der Regel kommt es infolge der galoppierenden Inflation zu einem enorm verstärkten Andrang auf Sachwerte wie Rohstoffe, Wertpapiere oder Immobilien, da diese nicht oder deutlich weniger vom Wertverlust betroffen sind als Geld. In der Regel dauert eine solche Inflation nicht sehr lange an, da es notwendig wird schnelle Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

Diese finden in den meisten Fällen in Form einer umfassenden Währungsreform ihre Anwendung, bei der entweder neue Umrechnungskurse einer Währung eingeführt werden oder auf eine komplett neue Währung umgestellt wird.

Definition

Oft wird die galoppierende Inflation mit der Hyperinflation gleichgesetzt. Es gibt keine wirklich mustergültige Abgrenzung zwischen beiden Begriffen oder eine klare Definition für diese, da sich beide Inflationsformen sehr stark in ihrer Beschaffenheit und ihren Auswirkungen ähneln.

Zur Orientierung kann man aber der Einfachheit halber sagen, dass eine Hyperinflation ab Erreichen einer Inflationsrate von 50 % gegeben ist, während von einer galoppierenden Inflation der Wert der zu erreichenden Inflationsrate bei etwa 20 - 30 % verortet werden kann.

Da dies aber keine offiziellen verbindlichen Definitionen sind, werden in der Regel die Begriffe Hyperinflation und galoppierende Inflation als miteinander austauschbar betrachtet.

Galoppierende Inflationen oder Hyperinflationen sind ein Phänomen der Neuzeit, da diese im Prinzip nur durch Verwendung von ungedecktem Geld (Geld ohne oder stark unter dem eigentlichen Materialwert des Geldes liegenden Eigenwert, auch als Fiatgeld bezeichnet) auftreten kann. In früheren Zeiten war Geld so gut wie immer durch Verwendung von Edelmetallen wie Gold oder Silber durch einen entsprechenden Materialwert gedeckt.

Ursachen

Verursacher einer galoppierenden Inflation oder Hyperinflation ist so gut wie immer der Staat. In der Regel übersteigen die Staatskosten das zur Verfügung stehende nationale Budget und der Staat ist gezwungen seine Ausgaben durch wachsende Verschuldung zu decken.

Insbesondere in Krisenzeiten, etwa durch Kriege, Naturkatastrophen wie Dürren oder andauernde politische Instabilität verliert der Staat zusätzlich stark an Einnahmen und ist gezwungen, die Last der Ausgaben durch das Drucken zusätzlicher Geldmittel auszugleichen. Infolgedessen übersteigt bald die zur Verfügung stehende Geldmenge innerhalb des Landes das entsprechende Warenangebot. Hierdurch verliert die Währung rapide an Wert und die Inflationsrate nimmt immer höhere Ausmaße an.

Folgen

Durch den rasanten Verlust des Wertes einer Währung kommt es zu einer extremen Einbuße der Kaufkraft. Einnahmen und Löhne stiegen natürlich nicht parallel mit der hohen Inflationsrate an, somit ist der Verbraucher kaum mehr in der Lage, am wirtschaftlichen Prozess teilzunehmen. Dadurch sinken ebenfalls die Einnahmen der Wirtschaft und die ökonomische Situation verschlechtert sich drastisch.

Eine naheliegende erste Notmaßnahme für die Menschen in einem Land mit anhaltender galoppierender Inflation ist theoretisch die Anlage in Fremdwährungen und Devisen. Hier greifen aber häufig staatliche Regulierungen, warum dies am Ende nicht mehr möglich ist.

Somit findet in der Regel eine starke Verlagerung auf Sachwerte statt. In extremen Fällen werden zum Beispiel Sachgüter wie Zigaretten oder Nahrungsmittel zu einer Ersatzwährung und es entstehen zunehmend vom Staat nicht kontrollierte Schwarzmärkte, auf denen die betroffenen Bürger versuchen, ihre Grundversorgung mit Lebensmitteln und Handelsgütern weiterhin zu gewährleisten, sobald dies im regulären Handel durch die zunehmende Geldentwertung so gut wie nicht mehr möglich ist.

Da mit einer zu lange andauernden starken Inflation das gesamte Staatsgefüge gefährdet ist, müssen seitens der Regierung schnell Maßnahmen getroffen werden. Dies geschieht vor allem, wie bereits oben kurz erwähnt, durch entsprechende Währungsreformen. Hierbei wird entweder der Tauschwert der Währung angepasst und für relativ hohe Geldwerte besteht nur noch ein geringer realer Handelswert. Neue Banknoten mit höheren nominellen Werten werden gedruckt und in Umlauf gebracht. In manchen Fällen kann aber auch dies nicht mehr die Inflationsrate abfangen und es wird notwendig, eine komplett neue Währung einzuführen

Beispiele

Ein populäres Beispiel einer extremen galoppierenden Inflation war die Situation im Deutschen Reich nach dem Ersten Weltkrieg. Neben enormen Reparations- und Aufbaukosten destabilisierte zudem die weltweite Wirtschaftskrise der 20er Jahre die ökonomische Situation in Deutschland drastisch.

Innerhalb kürzester Zeit verlor ab 1923 die Reichsmark ihren Wert so enorm, dass nahezu absurde Milliardenbeträge auf Banknoten gedruckt werden mussten, welche teilweise schubkarrenweise zu Geschäften gebracht werden mussten, um im Gegenzug geringste Sachgüter und Lebensmittel zu erhalten. So steigt zum Beispiel der Preis für einen Laib Brot 1923 innerhalb weniger Monate von rund 500 Reichsmark zunächst über die Tausendergrenze, kurze Zeit später muss man bereits mehrere Millionen bezahlen und schließlich beziffert sich der Preis für Brot auf über 5 Milliarden Reichsmark.

Schließlich erfolgt im November 1923 in Folge einer Währungsreform die Abschaffung der Reichsmark, welche durch die sogenannte Rentenmark ersetzt wird. Für eine Billion Reichsmark wird der Umrechnungsfaktor von einer Rentenmark angesetzt.

In Ungarn erreicht die Inflationsrate zwischen 1945 und 1946 nach Ende des Zweiten Weltkriegs astronomische Preissteigerungen von bis zu 200 Prozent täglich. Die Hyperinflation dieser Zeit gilt als die extremste in der Geschichte. Preise verdoppelten sich innerhalb nur weniger Stunden und es war unmöglich, den neuen Entwicklungen durch rechtzeitigen Druck neuer Banknoten entgegenzuwirken. Immer neue Währungsvarianten wurden eingeführt, von denen keine die galoppierende Inflation bremsen konnte und der Staat war nicht einmal mehr in der Lage, Steuern einzunehmen, da sämtliche Steuerwerte bereits nach wenigen Stunden wertlos waren. Letztendlich wurde 1946 der Forint im Zuge der Währungsreform eingeführt. Einen Forint erhielt man für die unvorstellbare Summe von einer Billiarde Pengö.

In der neueren Zeit kam es im südafrikanischen Simbabwe zu einer der verheerendsten historischen Hyperinflationen. Bis heute leidet das Land unter einer der höchsten weltweiten Inflationen, ihren Höhepunkt erreichte die Hyperinflation in Simbabwe zwischen 2008 und 2009. Durch in den 90ern beginnende Reformen des Diktators Robert Mugabe wurde das ohnehin von politischer und ökonomischer Instabilität geplagte Land in eine schwere Wirtschaftskrise gestürzt. Erträge und Einnahmen sanken rapide, Arbeitslosigkeitsquoten von bis zu 80 % und der Zusammenbruch des nationalen Bankenwesens waren nur einige der Auswirkungen. Auch die Nahrungsmittelversorgung verschlechterte sich zunehmend. Inflationsraten von mehreren Hunderttausend Prozent griffen um sich, bis im Jahre 2019 im Zuge einer Währungsreform der ehemals bereits verwendete Simbabwe-Dollar als offizielle Währung wiedereingeführt wurde. Leider konnte auch dies nur kurz zu einer Verbesserung der wirtschaftlichen Situation führen und das Land befindet sich nach wie vor in einer anhaltenden Inflationskrise.

Quellen und Verweise

  • Wagner, H. (2022). Inflation und Wirtschaftswachstum (Vol. 329). Duncker & Humblot.
  • Schmölders, G. (1973). Sparen in der Inflation. Wirtschaftsdienst, 53(1), 23-26.